Friday, July 30, 2010

Safari-Test in Südafrika – Auge in Auge mit dem Raubtier

Der Kruger-Nationalpark im Nordosten des Landes ist der berühmteste und größte Nationalpark in Südafrika, hier gibt es allein 13 große Camps für die Besucher, die in eigenen Autos durch das Gebiet fahren dürfen oder zu Tagesausflügen hierher kommen. Darüber hinaus können Touristen in Südafrika zahlreiche "Private Game Lodges" buchen, wobei Game hier keine Spielerei ist, sondern für Wildtiere steht.

Eine luxuriöse Lodge nahe des Krugerparks, etwa fünf Stunden von Johannesburg entfernt, ist die Makalali-Lodge. sueddeutsche.de hat sowohl den Krugerpark als auch das Makalali-Reservat besucht - ein Safari-Vergleich von Katja Schnitzler.

Fauna:

Krugerpark: Nach ein paar Metern im Park die erste Vollbremsung: "Impala! Impala!" Die kleinen Antilopen grasen seelenruhig am Seitenstreifen. Ein paar Meter weiter: dasselbe Bild. Ebenso wie einige hundert Meter weiter. Am nächsten Tag wird höchstens nur noch jedes zehnte Mal festgestellt: "Impala." Links und rechts vom Asphalt knabbern auch Zebras am saftigen Gras und lassen uns ihre Fellmuster studieren.

Giraffen nutzen die staubigen Seitenstraßen als angenehme Trampelpfade und weichen erst kurz vor dem Auto und den staunenden Insassen aus. Elefanten stehen an Wasserstellen. Büffel kreuzen die Wege. In nahen Tümpeln baden Flusspferde, schwimmen Krokodile, fischen Reiher, und, und, und ...

Auf fast 20.000 Quadratkilometern Land versammeln sich 49 Fisch-, 34 Amphibien-, 114 Reptil-, 507 Vogel- und 147 Säugetierarten. Manche Tiere folgen den Besuchern bis in die Camps, etwa eifrige Webervögel oder hungrige Affen, die wegen des Fütterungsverbotes schnell gelernt haben, Kühlschränke auf den Bungalow-Veranden selbst zu öffnen.

Privatreservat: Hier leben ebenfalls die "Big Five": Löwe, Elefant, Nashorn, Leopard und Büffel, außerdem noch Geparden, Giraffen, Gnus - mehr als eintausend Wildtiere sind in dem 260 Quadratkilometer großen umzäunten Gebiet zu Hause.

Ranger:

Krugerpark: "Dies wäre ihr Preis gewesen" - Der Ranger kommt Touristen bisweilen vor wie der Moderator einer nachmittäglichen Gewinnshow, denn im Krugerpark gilt: Unbedingt auf den Wegen bleiben! Darunter fallen auch Touren im Gemeinschaftsjeep - selbst wenn relativ nahe bei der Straße die Löwen brüllen, dürfen die Ranger mit ihren geländegängigen Fahrzeugen nicht die Straße verlassen, sondern können nur hoffen, dass sich das Raubtier kurz am Straßenrand blicken lässt.

Die Urlauber freuen sich aber auch über die Hyänenfamilie, die ihren Bau netterweise unter den Asphalt gegraben hat und sich von den Safarifotografen nicht stören lässt. Nur als sich das vorwitzigste Jungtier zu nahe an den Jeep heranwagt, wird es von der Mutter mit einem leisen Knurren zurückbeordert. Wer von den Touristen erlebnishungriger ist, kann auch Spaziergänge oder Mountainbike-Touren im Busch in Begleitung eines bewaffneten Rangers buchen.

Privates Reservat: Das Team besteht immer aus zwei Leuten pro Jeep: Der Ranger lenkt das Fahrzeug und erklärt Fauna und Flora, vorne auf einem Gestell auf der Ecke der Motorhaube sitzt der Tracker, dessen Auge nicht die Spur eines Tieres entgeht. Sogar in der Dämmerung, als der Tracker mit einem schwenkbaren Scheinwerfer ins Gebüsch leuchtet, entdeckt er im Dunkeln (!) in zwanzig Metern Entfernung (!!) in einer Baumkrone ein Chamäleon (!!!).

Nervös werden die Profis nur, wenn sich ein Tourist vor lauter Begeisterung im Jeep erhebt, um die Löwen besser zu sehen: Dann wird für das Raubtier aus dem seltsam beweglichen, aber uninteressanten Felsen ein potentiell interessantes Jagdobjekt. Und das will kein Ranger riskieren.

Nähe zum Wildtier:

Krugerpark: Der Nachteil beim Krugerpark: Wer keinen Game Drive bucht, muss selber fahren. Der Vorteil beim Krugerpark: Jeder darf selber fahren. Die Regeln: Man muss bei Einbruch der Dunkelheit im sicheren Camp oder außerhalb des Parkes sein und man darf die Straßen nicht verlassen. Außerdem gibt es auch hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung, schließlich will man Tiere beobachten und nicht überfahren.

Als Selbstfahrer kann man das Auto eine kleine Ewigkeit lang neben einem Tümpel mit Flusspferden parken, so lange, bis ein Bulle direkt neben dem Wagen ins Wasser springt. Man muss selbst entscheiden, ob man an dem drohend mit den Ohren wedelnden Elefanten in Straßennähe noch vorbeifährt oder lieber den Rückwärtsgang einlegt. Und kämpfende Giraffenbullen, die eine Stunde lang ihre langen Hälse immer wieder gegeneinander schlagen, lassen sich im eigenen Auto so lange beobachten, wie man will. Dann entdeckt man auch die Giraffendame, die auf den Ausgang des Turniers um ihre Gunst wartet, und sieht, wie sich die Kontrahenten erschöpft aneinander lehnen, bevor sie zum nächsten Schlag ausholen.

Und wer die Muße hat, kurz vor Sonnenuntergang auf der Brücke zum Camp Olifants die Reiher zu beobachten, kann zu seinem Erstaunen entdecken, dass sich dort gerade die Regeln der Natur umkehren: Die Vögel attackieren ein kleines Krokodil, ziehen es am Schwanz aus dem Wasser, obwohl es bereits so lang ist wie ein Reiherbein und wütend nach seinen späteren Beutetieren schnappt. Der Ranger des Game Drive hätte so kurz vor dem Ziel wohl nicht noch mal gehalten.

Privates Reservat: Nah ist noch nicht nah genug, heißt das Motto der Ranger im privaten Reservat. Sie haben zudem interne Wetten laufen, wer als Erster beim Löwenrudel ist. Oder bei den Nashörnern. Oder zwischen den Elefanten. Dass einer davon knapp hinter dem Jeep einen Baum fällt, ist eben Pech. Querfeldein preschen die Ranger durch die Steppe und rufen knapp vor tiefhängenden Ästen den Urlaubern hinten ein kurzes "Watch your head!" zu. Irgendwann schließt der Tourist mit seinem Leben ab und entscheidet sich, Spaß zu haben. Zu erzählen hat er nach den morgendlichen und abendlichen Safari-Achterbahnen auf jeden Fall genug.


Abenteuerfaktor:

Krugerpark: Man ist im Auto auf sich allein gestellt - und weiß als Europäer nicht immer, ob man sich den Tieren gegenüber richtig verhält. Kann ein wütender Elefant eigentlich ein Auto umstoßen? Warum trampelt die Giraffe fast auf die Motorhaube? Und könnte ein Flusspferd unser Vehikel in den Tümpel schieben? Auch im Krugerpark kommt man manchen Tieren näher als man will. Und auch hier können Vogelspinnen, Skorpione und Schlangen in den Camps die Wege der Touristen kreuzen. Dann heißt es Nerven bewahren. Die kakerlakenähnlichen Riesenkäfer, die bei Kerzenschein mit lautem Knall gegen die Weinflaschen fliegen, nimmt man nach dem ersten Schreck einfach hin.

Privates Reservat: Wer nach dem Krugerpark in eine private Game Lodge wechselt, muss sich umstellen: Essen im nicht umzäunten Freien statt zurück ins Lager bei Dunkelheit. Offener Jeep ohne Dach statt geschlossenem Wagen. Und ein Schriftstück, das unterschrieben werden soll, damit die Campleitung nicht belangt werden kann, sollte man während des Aufenthalts leider sein Leben verlieren.

Während im Prospekt noch stand, dass die Begleitung zum nächtlichen Freiluftessen bewaffnet sei, rückt nur ein Mann mit Taschenlampe an ("Gewehr? Welches Gewehr?"). Und als die Affen im Camp beim Abendessen fast durchdrehen, rennt als Erstes die einheimische Gastgeberin weg, laut schreiend: "Is the lion coming? Is the lion coming?" Zum Glück war es nur eine Herde Elefanten, die sehr nah am Lager vorbeigezogen ist.

Die Game Drives sind kein gemütliches Zuckeln auf vorgeschriebenen Wegen, schon die Einführung der neuen Touristen kann zart besaitete Gemüter schocken. Ranger: "Wir haben frische Löwenspuren gesehen. Wenn wir eine Spur finden, folgen der Tracker und ich ihr und schauen, ob wir die Tiere finden. Sie warten im Auto. Wenn ein Löwe kommt, ruhig bleiben und nicht aufstehen, dann denkt er, das Auto sei ein Fels." Und wenn er auf diesen Felsen klettern will? Und wenn er den Angstschweiß riecht? "Das macht er nicht."

Die Löwenfamilie wird entdeckt, ohne dass die Ranger die Touristen im Jeep zurücklassen müssen. Die drei ausgewachsenen Löwinnen und der prächtige Junglöwe machen sich gerade auf die Jagd. Wir folgen ihnen. Herr Löwe zeigt die Zähne, ("Damit wir wissen, womit wir es zu tun bekommen würden!"), die Touristen zeigen sich beeindruckt und fotografieren aus zwei Metern Entfernung ohne schützendes Dach, Gitter, irgendwas ("Blitzlicht stört sie nicht.").

Kaum hat man die Löwen weiterziehen lassen und ist etwa 200 Meter in die Gegenrichtung gefahren, hält der Fahrer. "Wir machen Bushba!" Wie bitte? Ein südafrikanischer Ausdruck? Nein, der Mann steigt aus. Und packt mitten im Busch die Bar aus - Buschbar! Alle sollen aussteigen. Und die Löwen? "Sind doch in die andere Richtung gelaufen." Man sieht sehr viele Schatten hinter den Scheinwerferkegeln, wenn man weiß, dass dort Löwen Hunger haben.


Geschichten:

Krugerpark: "Beim Gewitter vergangene Nacht hat ein Blitz in einen Bungalow im Nachbarcamp eingeschlagen."


Privates Reservat: "Einmal ...

.. wollte eine Küchenhilfe alles für das abendliche Grillfest vorbereiten. Da schaute eine Löwin in den Palisadenplatz. Zum Glück konnte sich die Frau hinter einem Stuhl verbergen. Die Löwin zog dann wieder ab."

... saß ein Gast, der nicht auf den frühen Morning Drive mitgefahren war, allein im Freiluftpool (Durchmesser etwa drei Meter). Doch bekam er Gesellschaft: Ein durstiger Elefant trank und trank. Bis er fertig war, rührte sich der Mann nicht. Danach wurde ein unter Strom stehender Draht auf Elefantenkopfhöhe um das Camp gezogen."


... baute ein Ranger alles für eine Buschbar auf, die Gäste stiegen aus. Leider war das Funkgerät ausgeschaltet, so dass sie die Warnung nicht hörten, dass ein Löwe im Anmarsch war. Sie bemerkten ihn gerade noch und kletterten zurück in den Jeep. Dann schossen sie die Fotos ihres Lebens, als der Löwe die Buschbar zerlegte."

Entdeckungen am Rande:

Krugerpark: Als Selbstfahrer hat man Zeit, Naturphänomene zu erforschen und interessante Tiere zu entdecken. Wer bewohnt etwa die zwei Meter hohen, dicht gewebten Spinnennetze in den Büschen? Ein Halt offenbart: Kaum fingernagelgroße Spinnen leben zu Hunderten im Netzhochhaus.

Privates Reservat: Gefährlich sind in Südafrika nicht nur Löwen, sondern auch harmlos wirkende Wasserböcke und Warzenschweine, die besonders komisch aussehen, wenn sie auf den Vorderbeinen kniend Gras fressen: Die einen sollen vermeintliche Verfolger mit ihren spitzen Hörnern aus dem Hinterhalt aufschlitzen, die anderen greifen mit ihren messerscharfen Hauern an.


Unterkunft:

Krugerpark: Urlauber müssen ihr Camp vor der Anreise buchen und sollten sich eingehend über die Angebote informieren, zwischen denen große Unterschiede bestehen. So bietet etwa das größte Lager im Süden des Parks, Skukuza am Fluss Sabie, Platz für 80 Zelte oder Wohnwagen, 20 Safarizelte, 178 Bungalows sowie 20 Luxus-Unterkünfte, einem Familienhaus und 15 Gästehäuser sowie weiteren vier Häusern mit Blick auf den Fluss. Allein in der Wildnis ist man hier nicht.

Es gibt aber auch kleinere Unterkünfte wie das Camp Olifants in der Mitte des langgezogenen Reservats, das zwar immer noch mehr als hundert Bungalows bietet, aber durch seine Lage besticht: Es ist über dem Olifants River erbaut, man nächtigt in reetgedeckten runden Bungalows, von der Aussichtsplattform aus kann man Flusspferde, Reiher und Krokodile im Fluss beobachten. Und hat selbst bei voller Belegung nicht das Gefühl, mehr Menschen als Tiere zu Gesicht zu bekommen.


Privatreservat: Man zahlt mehr, da wird auch mehr geboten: So ist etwa die Makalali Private Game Lodge auf vier kleine Camps aufgeteilt mit jeweils sechs luxuriösen Suiten, einem kleinem Pool, einem Aussichtsdeck und einem (teils offenen) Dinnerbereich sowie einer Boma - also einem südafrikanischen Grillplatz. Wer den Skorpion aus seinem Schlafbereich befördert haben will, ruft einfach den Zimmerservice.

Getafelt wird im Freien, zum sehr guten Essen werden passender Wein und passende Gruselgeschichten gereicht ("Wo wir jetzt essen, hat nachts einmal ein Löwe ein Gnu gerissen. Dann mussten wir erst mal rumgehen und die Gäste beruhigen."). Danach blicken sich die Besucher an der Tafel unterm Sternenzelt immer öfter nach den Schatten hinter den Fackeln um. Schließlich ist das Camp im Gegensatz zu den Lagern im Krugerpark nicht umzäunt.


Kosten:

Krugerpark: Tagesgebühr für Erwachsene 160 Rand (etwa 17,30 Euro), Kinder 80 Rand (etwa 8,70 Euro). Dazu kommen die Kosten für die Unterkunft, etwa ein Bungalow in Skukuza mit zwei Betten, 720 Rand (etwa 78 Euro), dazu kann man Jeepfahrten bei Sonnenauf- oder -untergang buchen, jeweils 160 Rand für Erwachsene, Kinder 80 Rand. Für eine morgendliche Tour zu Fuß zahlt man 310 Rand (etwa 33,50 Euro), am Nachmittag 240 Rand (etwa 26 Euro). Wer sich länger außerhalb der Camps aufhalten will, kann drei Tage in der Wildnis verbringen (3120 Rand pro Person, etwa 337 Euro, keine Kinder unter zwölf Jahren) oder vom Camp Olifants eine dreinächtige Back-Pack-Tour buchen, die insgesamt 14.030 Rand kostet (etwa 1516 Euro, bei maximal acht Personen).

Privatreservat: zum Beispiel Makalali Private Game Lodge: Übernachtung mit sämtlichen Essen inklusive Abendmenü und zwei Game Drives am Tag: 3750 Rand (405 Euro) für Alleinreisende, 2500 Rand (270 Euro) pro Person für Paare, Familien oder Gruppen, 800 Rand (86 Euro) für Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren.

Fazit:

Weder einen Besuch im Krugerpark noch in einer privaten Lodge wird man je vergessen - so nah kommt man den großen Tieren Afrikas selten. Wer Nationalpark als auch Reservat einplant, sollte auf jeden Fall zuerst in den Krugerpark fahren, dann ins private Reservat - sonst könnte es frustrierend sein, wenn einem die spannendsten Tiere einfach links liegen lassen und im Gebüsch abseits der Wege verschwinden. Das ist gut für die Tiere, aber schlecht für den Touristen. Also kann man sich im Krugerpark an entspannten Zebras, Giraffen aber auch Elefanten sattsehen, die den "Durchgangsverkehr" gewöhnt sind, während ihre Artgenossen im privaten Reservat eher flüchten.

Danach lässt man sich - wenn es das Reisebudget erlaubt - noch im privaten Reservat von erfahrenen Rangern ganz nah an die Tiere heranbringen: Für einen Blick in das Auge des Löwen, der beim Taxieren des Jeeps und seiner Insassen trotz eines halben Gnus im übervollen Bauch plötzlich gar nicht mehr behäbig aussieht. Dann ist man froh, dass sich der Mensch von seinem Platz in der Nahrungskette per moderner Technik verabschiedet hat. Außer, dieser Mensch macht den Fehler, im Jeep aufzustehen. Oder er gerät bei der "Buschbar" an einen unachtsamen Ranger, der das Funkgerät ausgestellt hat.


Quelle: http://www.sueddeutsche.de/reise/safari-test-in-suedafrika-mittendrin-statt-nur-dabei-1.964423 am 30.07.2010

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